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Medizin

Dengue-Fieber: Risiko für Olympia-Besucher in Paris?

Erreger könnten sich über Mücken rasch in Paris ausbreiten

Mosquito
Die Tigermücke (Aedes albopictus) ist inzwischen auch in Teilen West- und Mitteleuropas gängig. © Anest / iStock

Olympische Infektionen: Durch Tigermücken könnte bei den Olympischen Spielen in Paris eine erhöhte Infektionsgefahr bestehen. Die Insekten könnten Viren übertragen, die Dengue-Fieber und andere eigentlich in dieser Gegend nicht vorkommende Tropenkrankheiten auslösen, und diese innerhalb weniger Tage unter den Besuchern verbreiten. Um das zu verhindern, müssen die Mosquitos rechtzeitig bekämpft werden, mahnen Forschende.

Mit dem Klimawandel siedeln sich immer mehr exotische Insekten in Mittel- und Westeuropa an, die ursprünglich in wärmeren Regionen beheimatet sind. Dazu zählt auch die Tigermücke (Aedes albopictus), die in Süddeutschland, aber auch im Großraum Paris bereits gängig ist. Ihre Stiche sind nicht nur lästig, sondern unter Umständen auch gefährlich. Denn die Mücken sind potenzielle Überträger krankmachender Viren, die sich im Innern der Insekten vermehren und über den Speichel der Mosquitos in unser Blut gelangen.

Erkrankungsrisiko Olympia

Angesichts der Olympischen Spiele, die zwischen dem 26. Juli und 11. August in Paris stattfinden, könnten nun in diesem Sommer vermehrt Infektionsfälle mit exotischen Krankheiten auftreten. Denn wo sich mehr Menschen aufhalten, können auch mehr Viren über die Blutsauger übertragen werden. Zu Olympia werden rund elf Millionen Besucher aus aller Welt erwartet – auch aus Ländern, in denen Dengue-Viren und andere Arboviren gängig sind. Infizierte Besucher könnten diese Erreger unwissentlich zu den Spielen mitbringen und über lokale Mosquitos weitergeben.

Schon jetzt gibt es vermehrt Dengue-Fälle in Frankreich: In den ersten 3,5 Monaten dieses Jahres wurden dort bereits 13-mal mehr Fälle von Dengue-Fieber gemeldet als noch Anfang 2023. Diese Menschen haben sich wahrscheinlich im Ausland mit dem Dengue-Virus angesteckt, bevor sie eingereist sind. Dies bedeutet, dass sich schon jetzt mehr potenzielle Virenquellen in Paris aufhalten als im Vorjahr – auch ohne die für Olympia anreisenden Sportler und Besucher.

Pariser Tigermücken im Visier

Wie groß das Risiko einer Infektion durch Mückenstiche für Olympia-Besucher tatsächlich ist, hat nun ein Forschungsteam um Chloé Bohers vom Institut Pasteur in Paris untersucht. Dafür fingen die Forschenden Tigermücken in Paris und analysierten, welche Viren derzeit in den Tieren vorkommen und wie schnell sich diese über Insektenstiche übertragen könnten. Die Mücken wurden dafür mit virushaltigem Mäuseblut gefüttert und die Vermehrungsrate der Viren ermittelt.

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So simulierten Bohers und ihre Kollegen die Anzahl der Tage zwischen einer Erstinfektion einer Mücke durch einen virushaltigen Menschen und der wahrscheinlichen Weitergabe der Viren an einen anderen Menschen über einen erneuten Insektenstich. Diese Inkubationszeit spiegelt wider, wie lange es dauert, bis sich das Virus in einer Mücke so stark vermehrt hat, dass es in ausreichenden Mengen im Speichel vorhanden ist, um einen Menschen zu infizieren.

Mücken können fünf pathogene Viren übertragen

Die Auswertung ergab, dass die Tigermücken fünf verschiedene Arboviren übertragen können: das West-Nil-Virus, das Usutu-Virus, das Chikungunya-Virus, das Zika-Virus und Dengue-Viren. Von den drei letzteren Viren war bereits bekannt, dass sie über Tigermücken weitergegeben werden. Die beiden ersteren Viren werden hingegen in der Regel über „normale“ Mosquitos (Culex pipiens) übertragen. Die Ergebnisse zeigen nun überraschend, dass auch die Tigermücken dazu in der Lage sind, wie Bohers und ihre Kollegen berichten.

Bei einer erwarteten Außentemperatur von 28 Grad Celsius während der Sommermonate würde die Ausbreitung der untersuchten Viren in Paris nur wenige Tage dauern, wie die Tests außerdem ergaben. Am schnellsten geht es beim West-Nil-Virus, das bereits nach drei Tagen in einer Tigermücke auf den nächsten Menschen übertragen werden kann. Etwas länger dauert es beim Usutu- und Chikungunya-Virus, die nach drei bis sieben Tagen weitergegeben werden können. Am längsten ist die Inkubationszeit mit 14 bis 21 Tagen beim Zika- und Dengue-Virus.

Grafische Darstellung der Studienergebnisse zu möglichen Vorsichtsmaßnahmen während der Olympischen Spiele
Olympische Spiele: Wie viele Tage dauert es, bis Mücken im Großraum Paris Arboviren übertragen, und welche vorbeugenden Maßnahmen sind erforderlich? © Institut Pasteur

Rechtzeitige Insektenbekämpfung nötig

Die Erkenntnisse könnten nun genutzt werden, um die Infektionsketten zu unterbrechen und größere Ausbrüche zu vermeiden – insbesondere während der Olympischen Spiele in diesem Sommer, aber auch generell in den kommenden Jahren. Denn mit dem Wissen sind nun gezieltere Vorsichts- und Bekämpfungsmaßnahmen möglich.

„Wenn im Großraum Paris ein Fall von Dengue-Fieber festgestellt wird, wissen wir jetzt, dass innerhalb von 21 Tagen eine Desinsektion erforderlich ist“, erklärt Seniorautorin Anna-Bella Failloux vom Institut Pasteur. Die infizierten Mücken müssten dann rechtzeitig getötet werden. „Wir können diese Ergebnisse nutzen, um unseren Zeitrahmen für Maßnahmen anzupassen und unser Vorgehen zu optimieren“, so Failloux.

Wie erkennt man Dengue und Co?

Doch wie erkennt man einen Menschen mit Dengue-Fieber oder einer anderen Erkrankung durch eines der Arboviren? Mediziner wissen zwar, welche Symptome die Viren typischerweise hervorrufen, allerdings verlaufen viele Infektionen auch asymptomatisch. Bei Dengue bemerken beispielsweise bis zu 80 Prozent der Betroffen nichts von der Infektion. Diese Fälle können kaum erkannt werden.

Bei den eindeutigeren Fällen alarmieren die Mediziner die regionalen Gesundheitsbehörden, die dann ermitteln, wo sich der erkrankte Mensch zuletzt aufgehalten und wahrscheinlich angesteckt hat. Dort werden dann die Insekten vernichtet, um weiteren Infektionen vorzubeugen. „Das Warnsystem in Frankreich ist effektiv. Wir werden kontaktiert, sobald ein Arbovirus nachgewiesen wird“, sagt Failloux. Das Meldesystem in Frankreich wurde seit 2006 ausgebaut und erfasst alle Fälle von über Insekten übertragenen Erkrankungen.

„Wir werden lernen müssen, mit Tigermücken zu leben“, sagt Anna-Bella Failloux.© Institut Pasteur

Inkubationszeit kann variieren

Bohers und ihre Kollegen wollen ihre Risiko-Analyse nun vom Großraum Paris auf ganz Frankreich ausweiten. Denn die Inkubationszeit der Viren in den Mücken kann sich zwischen den einzelnen Insektenpopulationen unterscheiden. Grund dafür sind genetische Unterschiede zwischen den Mückenschwärmen und unterschiedliche Temperaturen in ihren Lebensräumen. (Eurosurveillance, 2024; doi: 10.2807/1560-7917.ES.2024.29.20.2400271)

Quelle: Institut Pasteur

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